Shanghai hat uns tief beeindruck, es ist wie ein Blick auf unsere Zukunft, auch wenn es nur eine der vielen Optionen der Zukunft ist. Ein riesiges Häusermeer, hier leben etwa 20 Millionen Menschen. Uns gefallen solche Megastädte. Im Vorfeld haben wir uns das so ähnlich vorgestellt, wie eine Mischung aus Bangkok und Tokio (hier unser Bericht zu Tokio zum Vergleich). Nach ein paar Tagen denken wir, es ist mehr. Hier ist wirklich ein Ausblick darauf, wie wir Menschen in den nächsten Jahrzehnten in den Mega-Cities leben werden.
Die Ankunft
Der Flughafen ist riesig, die Einreise geht schnell (viel schneller als in die USA einzureisen). Sofort ist man beim Transrapid – hier die Maglev. In 8 Minuten bei bis zu 415 km/h ist man im Zentrum. Wirklich schade, dass wir den Transrapid nicht bei uns selber an den Start gebracht haben. Die Ost-West-Achse von Berlin nach Köln mit Verlängerung nach Paris oder Amsterdam wäre ideal gewesen.
Die Modernität
Wo man auch ist, oft hat man eine großartige Skyline, wie beispielsweise aus unserem Hotelfenster (siehe das Feature-Bild dieses Beitrages). Besonders schön ist die Sicht vom Bund aus.
Die Geschwindigkeit, in der hier gebaut wird, ist atemberaubend. Riesige Bahnhöfe mit 30 Gleisen, Top-Ten Wolkenkratzer, große Stadtautobahnen werden hier in 1-2 Jahren hochgezogen. Unser Reiseführer von 2015 war hoffnungslos überaltert.
Großartige Skyline
Das Ensemble der drei Hochhäuser Shanghai Tower (mit 632 m Höhe das 2. Höchste auf der Welt), Shanghai World Financial Center (Flaschenöffner) und der Jin Mao Tower ist wunderschön, Alle drei haben ihre eigene Form-Sprache aber sie passen wunderbar zusammen. Der Besuch des Shanghai Tower Observatory Decks lohnt sich wirklich. Es ist mit 562 m die höchste Aussichtsplattform auf der Welt. Auf den knapp 500 m hohen „Flaschenöffner“ schaut man von oben. Mal mit Wolken…
… und mal ohne Wolken in ganzer Länge.
Leute
Es ist voll, aber nicht so, wie vermutet. In der U-Bahn ist oft noch Platz. Alle, wirklich alle haben ein Smartphone. Beim Gehen muss man aufpassen, da viele beim Gehen spielen, chatten oder sonst etwas auf dem Smartphone machen. Bargeld spielt kaum noch eine Rolle, selbst am kleinsten Imbiss kann man mit AliPay oder WeChat zahlen – und das machen auch fast alle. Im Vergleich zu Japan sind die Leute lauter, lachen mehr und drängeln wie verrückt. Hier zahlt sich jahrelanges Training an Skilifts aus, sonst würde man kaum aus der U-Bahn rauskommen, weil schon alle reinstürmen.
Shanghai ein Blick auf die Zukunft: Ökologische Projekte
Hier waren wir auf das schlimmste gefasst, stinkige Luft, infernalischer Lärm ständige Staus. Die Überraschung: nichts dergleichen ist eingetreten.
Im Zentrum dürfen nur noch E-Motoräder und -Roller fahren, daher ist es wirklich leise. Auch gibt es bereits viele E-Autos. Verglichen damit ist unsere Änderungsgeschwindigkeit bezüglich der Elektrifizierung des Individualverkehr beschämend.
Der Ausbau des U-Bahn- und Hochgeschwindigkeitszugsnetzes ist rasant, die Benutzung beider Verkehrsmittel sehr einfach. By the Way, die U-Bahn ist sauberer als die von München, ganz zu schweigen von Berlin.
Spannend ist die Ausstellung im Shanghai Urban Planning Exhibition Center, hier wird auf mehreren Etagen gezeigt, wie die weitere Entwicklung geplant ist. Als Kommentar hat Antonella hinterlassen: „Toll, bitte kommt zu uns nach Berlin und macht den Flughafen fertig“.
Die Kultur
Das alte Shanghai wird immer mehr zurückgedrängt. Noch gibt es Inseln der typischen kleinen Häuser, die immer ein kleines Viertel bilden und sich zwischen den Hochhäusern drängen. Die äußerste Reihe hat oft eine renovierte Fassade, innen ist wenig verändert.
Religiöse Renaissance
Religiöse Stätten haben wieder Hochkonjunktur. Der Jing’an Tempel, der in der Zeit der Kulturrevolution als Plastikfabrik genutzt wurde, ist komplett renoviert. Ein Besuch ist insbesondere am Freitag oder Samstag spannend, da dann viele Chinesen den Tempel besuchen und Opfergaben beibringen.
Sehr schön ist auch die Longhua Pagode im Süden und der Yu-Garten mit dem anliegenden Stadtgott-Tempel. Obwohl der Yu-Garden recht klein ist, ist er so geschickt gestaltet, dass man hier lange verweilen kann.
Den Yu-Garden sollte man eher in der Woche besuchen, am Wochenende ist er brechend voll. Gestört haben mich hier die Unmengen von neuen auf alt getrimmten Häuser um den Garten, in dem Souvenirs ohne Ende angeboten werden.
Shanghai ein Blick auf die Zukunft: Das Zeitparadoxon
Shanghai selber ist nicht alt, die Entwicklung der Stadt erfolgte hauptsächlich ab 1840. Viele der repräsentativen Bauten am Bund und im sonstigen Zentrum sind noch in Nutzung und meist renoviert. Ein Beispiel ist unser Hotel, welches in den 30’ger Jahren gebaut wurde und bis in die 80ger das höchste Haus in Shanghai war. Paradox ist die unmittelbare Nähe zwischen Alt und Neu. Im Hintergrund der schönen Tempel sind immer Hochhäuser (siehe das obige Bild des , die alten Stadtviertel sind ebenfalls von diesen eingerahmt.
Paradox ist auch die Tatsache, dass in dem ja immer noch kommunistischem China Shanghai ein Beispiel für den ungehemmten Konsumismus ist. Das bringt mich zum letzten Thema – die Kontrolle.
Die Kontrolle – auch hier ein Blick auf die Zukunft
Wo man hinschaut sind Videokameras. Unglaublich auch die Anzahl der Polizisten. Einerseits gibt das sicher auch den Leuten ein gutes Sicherheitsgefühl – ein Wert, der in einigen asiatischen Ländern oft noch eine höhere Bedeutung hat als bei uns – andererseits ist diese lückenlose Beobachtung gepaart mit den AI-Fähigkeiten Chinas auch bedrückend. Hinzu kommt, dass wie oben beschrieben mittlerweile fast der ganze private Finanzverkehr online erfolgt und auch die Auswertemöglichkeiten über den große chinesische Firewall mit den Überwachungsmöglichkeiten von Baidu und co so umfangreich ist, wie sich George Orwell kaum vorstellen konnte. Fairerweise muss man anmerken, dass sicher auch die USA den Internetverkehr sehr umfassend auswertet.
Eins ist sicher, nach Shanghai kommen wir noch einmal zurück, ganz viel haben wir nicht gesehen. Nun geht es erst einmal weiter nach Hangzhou.
Liebe Antonella, gerne habe ich mir die Fotos von Shanghai angesehen – den Beitrag gelesen – beeindruckend – dagegen ist Berlin ja Provinz…. und wir könnten eine Menge lernen. Wenn wir denn wollten.
Ich möchte Dir auf diesem Wege ein wundervolles Neues Jahr 2019 wünschen. Liebe Grüße auch an Deinen Mann (unbekannter Weise). Herzliche Grüße aus Berlin – Brigitte
Liebe Brigitte, vielen Dank. Auch Dir alles Gute zum neuen Jahr, Antonella